Stephen McGonigle ist einer der beiden Brüder, die McGonigle Uhren gegründet haben. Er gehört zu einer neuen Generation von Uhrmachern und fertigt in seinem ganz eigenen Stil komplizierte, aber auch schlichte Uhren an, die jedes Jahr in nur geringen Stückzahlen erscheinen. Um Beispiele zu sehen, klicken Sie hier.
1. Was haben Ihre Eltern beruflich gemacht? Beschreiben Sie kurz Ihre Kindheit.
Mein Vater war Setzer bei der Irish Times und meine Mutter hatte die wenig beneidenswerte Aufgabe, acht von uns aufzuziehen. Wir schwammen nicht gerade in Geld, aber da wir es nicht anders kannten, erschien uns das nicht so schlimm. Ich habe die Schule gehasst, und die Schule hasste mich. Das Leben in Irland war damals anders als heute, und die Schule bot nur wenige Anreize. Ich habe in meiner Kindheit eine Menge dummes Zeug gemacht, aber dann habe ich gottseidank die Uhrmacherei entdeckt – und das veränderte alles für mich.
2. Hatten Sie als Kind einen besonderen Ehrgeiz? Was wollten Sie später mal werden?
Als ich jung war, wollte ich Architekt werden, und ich war ganz gut im technischen Zeichnen. Mein Vater hielt mich für brillant, aber im Unterricht merkte ich, dass ich einfach nicht gut genug war. Mir schwebte außerdem so etwas wie Maschinenbau vor, aber auch hier fehlte mir einfach in schulischer Hinsicht die Motivation. Zumindest als in noch zur Schule ging...
3. Was ist Ihre frühste Kindheitserinnerung?
Ich erinnere mich gut daran, dass ich in der Vorschule (im Alter von etwa 5 Jahren, denke ich) jeden Tag vor dem Heimgehen darauf bestand, dass mir die Lehrerin einen Kuss gab. Meine Mutter konnte diese Fixiertheit bestätigen, auf die ich irgendwie ziemlich stolz bin. Im Nachhinein kann ich klar erkennen, an welcher Stelle die Dinge in meiner schulischen Ausbildung anfingen, sich in die falsche Richtung zu entwickeln. Wie hätte der Rest meiner Schulzeit da mithalten können?
4. Haben Sie jemals einen anderen Beruf ausgeübt? Welchen?
Als Jugendlicher hatte ich eine Menge kleiner (Ferien-)Jobs, aber ich habe nie einen anderen Beruf ausgeübt, als den des Uhrmachers. Ich glaube aber, dass diese kleinen Jobs meinen Ehrgeiz geweckt haben – weil ich sie definitiv nicht weitermachen wollte. Das ruhige Leben in der Schweiz hat mich vor rund 10 Jahren dazu inspiriert, einen Irish Pub zu eröffnen. Doch auch, wenn ich eine Menge Arbeit in den Aufbau der Bar gesteckt habe, arbeite ich dort nicht wirklich und beschränke mein Engagement auf Geschäftsmeetings und gelegentliche Handwerkerarbeiten. Die Uhrmacherei ist nach wie vor meine Hauptbeschäftigung, aber genau genommen denke ich, bin ich auch Kneipenwirt. Das Café du Cerf (Neuchâtel) ist übrigens der beste Pub der Schweiz. Das ist eine Tatsache!
5. Was hat Sie dazu bewogen, Uhrmacher zu werden? Für wen haben Sie früher gearbeitet? Was hat Sie veranlasst, diesen Weg einzuschlagen?
Mein Vater hat mich beeinflusst, wie auch mein Bruder John. Und nachdem ich zu Hause mit ein paar Uhrwerken rumgespielt hatte (was ich absolut geliebt habe), war der Entschluss unausweichlich. Ich habe für eine ganze Reihe von Unternehmen gearbeitet, und die Erfahrungen waren größtenteils positiv. Ich habe bei Somlo Antiques in London gearbeitet (deren Werkstatt von Herrn Speake-Marin persönlich gegründet worden ist), bei Christophe Claret, Arnold and Graham, Franck Muller und Breguet. Die Tatsache, dass ich so viel herumgekommen bin, ist vermutlich ein Zeichen dafür, dass ich etwas gesucht habe – und dass die Selbstständigkeit die Antwort darauf war. Ich möchte um keinen Preis mehr zurück.
6. Was war der schlimmste Job, den Sie je hatten?
Als Heranwachsender hatte ich verschiedene miese Jobs. Wirklich sterbenslangweiliges, nervtötendes Zeug. Und dennoch war die sehr kurze Zeit, die ich mal für eine Uhrenmarke in Genf gearbeitet habe, bei weitem mein schlimmster Job. Das steht nicht in meinem Lebenslauf, und ich möchte das Unternehmen nicht nennen. Es reicht zu sagen, dass das die kürzeste Anstellung war, die ich je hatte.
7. Was war der absolute Tiefpunkt in Ihrem Leben, und wie haben Sie ihn überwunden?
Als mein Vater starb. Man kann sich einfach nicht vorstellen, wie das ist, bis man es erlebt. Ich glaube nicht, dass man darüber wirklich hinwegkommt, aber die Zeit mindert den Schmerz sicher etwas.
8. Wer hat Sie am meisten beeinflusst? Wer oder was inspiriert Sie am meisten?
Schwer zu sagen. Ganz offensichtlich haben John und mein Vater mich beeinflusst, aber ich bin nicht sicher, ob eine Einzelperson mich nachhaltig geprägt hat. Als ich ein Kind war, hielt ich Senna für den Größten, aber das war vermutlich eher oberflächliche Begeisterung. Obwohl, ich bewundere extrem zielstrebige Menschen, und Senna war sicher so jemand. Außerdem habe ich kürzlich Elon Musks Biographie gelesen; ich finde seinen Drive und alles, was er erreicht hat, unglaublich.
9. Worauf sind Sie am meisten stolz?
Ich denke, ich bin stolz darauf, an mich selbst (in professioneller Hinsicht) geglaubt und Entscheidungen getroffen zu haben, die zwar einen steinigeren Weg bedeuteten, aber letztlich umso lohnenswerter waren. Ich denke, ich bin immer aufrichtig gewesen und mir selbst treu geblieben. Ich habe nichts getan, das es verdient, an die große Glocke gehängt zu werden, aber ich hoffe, dass sich das bald ändern wird. Ich glaube, zu viele von uns – ich eingeschlossen – lassen sich durch das Leben treiben, ohne etwas wirklich Bedeutsames zu tun. Es bleibt noch etwas Zeit.
10. Welchen Rat würden Sie einem Zwanzigjährigen geben, der einen ähnlichen Weg wie Sie einschlagen möchte?
Tu’s nicht.
11. Nennen Sie drei Dinge, die Sie noch erleben möchten:
Jemandem wirklich helfen. Viel mehr reisen. Ich würde gerne Gitarre spielen können; nicht nur ein paar Akkorde, sondern richtig spielen.
12. Wie wird sich Ihrer Meinung nach die Branche in den nächsten 10 Jahren entwickeln?
Ich mache mir Sorgen um den gesamten Planeten, daher bin ich ziemlich unsicher, was Dinge angeht, die nicht absolut notwendig zum Leben sind. Obwohl – vielleicht wird eines Tages eine gute mechanische Uhr wieder das werden, was sie einmal war: ein wesentlicher Bestandteil des täglichen Lebens.